Mehrwertsteuerfallen beim Brexit-Import vermeiden

  • Feb 10, 2021 | Richard Asquith

Seit dem 1. Januar 2021 muss jeder, der Waren zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU an Verbraucher oder Unternehmen verkauft, eine Einfuhrumsatzsteuer, mögliche Zollgebühren und Zollerklärungen bezahlen. Eine – durchaus nicht empfohlene - Option ist es, diese zu ignorieren und die Rechnung sowie den Papierkram den Kunden zu überlassen. Langfristig wird dies jedoch zu Lieferverzögerungen führen, die wiederum zu ausbleibenden Folgegeschäft führen. Die meisten erfahrenen Kunden wissen zudem im Voraus, von einem solchen Versuch, und werden sich weigern, die Verantwortung zu übernehmen, was abermals verlorenen Umsatz bedeutet.

Mit ein wenig Planung können negative Kundenerfahrungen und die Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer vermieden werden. So kann sichergestellt werden, dass die Waren auch weiterhin (wie vor dem Brexit) an die britischen oder EU-Kunden geliefert werden.

Wahl des richtigen INCOTERMS – Wechsel zu Delivered Duty Paid

Wenn Zoll- und Mehrwertsteuerpflichten und -verbindlichkeiten vom Händler übernommen werden, können sie das mit dem Kunden über die Incoterms (International Commercial Terms) – die weltweit vordefinierte Handelsklauseln für den grenzüberschreitenden Handel – vereinbaren.

Die gebräuchlichste Variante für die Übernahme der vollen Verantwortung für Mehrwertsteuer und Zoll ist Delivered Duty Paid (DDP), bei der der Händler zum Importeur of Record wird. Dieser organisiert nicht nur den kompletten Transport zum Kunden, sondern kümmert sich auch um alle Mehrwertsteuer- und Zollangelegenheiten, um die Ware durch den britischen oder EU-Zoll zu bringen. Das steht im Gegensatz zu Delivered at Place (DAP), wo der Kunde mit den Importsteuern belastet wird.

Einfuhrumsatzsteuer in den Griff bekommen

Aus Sicht der Mehrwertsteuer sind die Verkäufer für die britische oder EU-Import-Mehrwertsteuer haftbar, jedoch können Barzahlungen vermieden werden:

  • Die Import-Mehrwertsteuerschuld muss auf der UK- oder EU-Zollerklärungen deklariert werden, wenn Waren zu verzollen sind. Händler haben dann die Wahl, wie sie diese Einfuhrumsatzsteuerrechnung begleichen:

    • Sie Zahlen sie direkt in bar oder über ihren Vertreter an den Zoll und behandeln diese als nicht rückholbare Geschäftskosten. Sie können zudem versuchen, die Einfuhr über den Antrag auf Rückforderung der Mehrwertsteuer zurückzufordern. Die Steuerbehörden könnten jedoch in Frage stellen, was dann mit den Waren passiert ist und warum bei einem späteren Verkauf keine Mehrwertsteuer berechnet wurde. Der Antrag würde also wahrscheinlich abgelehnt werden. Da die UK-Mehrwertsteuer 20 Prozent und die EU-Mehrwertsteuer im Durchschnitt 21 Prozent beträgt, ist dies keine sinnvolle Idee.

    • Oder: Der Verkäufer lässt sich in Großbritannien oder in der EU (dem Mitgliedsstaat der Einfuhr) registrieren, um die Mehrwertsteuer zu deklarieren und zurückzufordern. Viele Länder bieten hierfür eine Regelung zur aufgeschobenen Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer an. Diese berechtigt dazu, die Mehrwertsteuer nicht am Zoll zu bezahlen, sondern sie nur in ihrer nächsten Mehrwertsteuererklärung als Bucheintrag zu erfassen („Reverse Charge“).

  • Auf dem Zollabfertigungsdokument kann angegeben werden, dass Händler die lokale Einfuhrumsatzsteuerregelung nutzen. Sie sollten dabei beachten, dass einige Länder erwarten, dass das im Voraus beantragt wird.

  • Im Vereinigten Königreich gilt seit dem 1. Januar 2021 das Postponed Accounting VAT Scheme. Damit können Händler sicherstellen, dass sie keine britische Einfuhrumsatzsteuer zahlen müssen. Das variiert jedoch in den 27 EU-Mitgliedsstaaten. Frankreich hat eine aufgeschobene Mehrwertsteuerregelung, die vor kurzem gelockert wurde; aber es wird möglicherweise ein Steuervertreter benötigt, wenn die Verkäufer aus Großbritannien kommen. Das niederländische sowie das belgische System der aufgeschobenen Einfuhrumsatzsteuer sind dagegen sehr flexibel. Wenn Händler nach einem günstigen Importland in Mittel- und Osteuropa suchen, ist das tschechische Angebot zur aufgeschobenen Einfuhrumsatzsteuer recht beliebt.

  • Ein Planungspunkt: Wird nach Großbritannien oder in die EU importiert, muss es sich für bestimmte Zollangelegenheiten, einschließlich der Deklarationen, um ein ansässiges Unternehmen handeln. Möglicherweise wird deshalb ein Importzollvertreter benötigt.

VP Global Indirect Tax
Richard Asquith
VP Global Indirect Tax Richard Asquith
Richard Asquith ist VP Global Indirect Tax bei Avalara und unterstützt Unternehmen dabei, ihre Compliance-Pflichten zu verstehen, während sie global wachsen. Sie können Richard unter richard.asquith@avalara.com kontaktieren. Er ist Teil unseres europäischen Führungsteams, das 2019 von der Publikation International Tax Review als Tax Technology Firm of the Year 2019 ausgezeichnet wurde. Richard absolvierte die Ausbildung als Wirtschaftsprüfer bei KPMG in Großbritannien und arbeitete anschließend in Ungarn, Russland und Frankreich für EY.